Nachdem du dein Material aufgenommen hast, erstellst du einen Rohschnitt. Ich zeige dir, wie du die Aufgabe strukturiert angehen kannst. Außerdem erfährst du, wie du den Sprechertext fürs Hören formulierst und auf was du beim Aufnehmen achten solltest.
Den Rohschnitt erstellen
Wie soll aus deinen Schnittbildern und Interviews der Rohschnitt entstehen? Ich empfehle dir, es strukturiert anzugehen. Im ersten Schritt synchronisierst du alle Video- und Tonaufnahmen und verknüpfst die Dateien miteinander, damit du dich im weiteren Verlauf nicht mehr der Synchronisation befassen musst. Achte beim Importieren der Dateien in das Schnittprogramm darauf, dass die Timeline dieselben Einstellungen hat, wie dein Videomaterial. Wenn die Einstellungen nicht übereinstimmen, muss die Software die Daten beim Abspielen in Echtzeit rendern. Sollte dein Schnittprogramm abstürzen, ist das eine häufige Fehlerquelle.
Beginne mit den Interviews. Es empfiehlt sich dafür ein Transkript zu erstellen und mit farbigen Markierungen zu arbeiten. KI-Tools erstellen Transkripte mit guten Ergebnissen innerhalb von Sekunden. Höre dir die Interviews aufmerksam an und sortiere die Antworten in drei Kategorien:
Kategorie A sind „echte“ O-Töne, also Antworten, die das Expertenwissen, die Meinung oder die Einschätzung deiner Interviewpartner*innen wiedergeben. Diese O-Töne sollten inhaltlich zu deinem Aussagewunsch passen. Kopiere die Aussagen aus dem Transkript und füge sie in dein Treatment ein. So hast du die O-Töne als Text vor Augen und musst nicht immer wieder in die Stelle hineinhören, wenn du später den Sprechertext formulierst.
Kategorie B sind O-Töne, die für deinen Aussagewunsch inhatlich wichtig sind, bei denen es sich aber um Fakten handelt, die nicht unbedingt durch die Interviewpartner*innen vermittelt werden müssen. Diese O-Töne kannst du meistens selbst kürzer im Sprechertext zusammenfassen. Dazu gehört auch die namentliche Vorstellung. Vorname, Nachname und Funktion deiner Interviewpartner*innen kannst du aus dem OFF zu einem Antextbild einsprechen oder in einer sogenannten Bauchbinde, also einer Titeleinblendung, unterbringen. Notiere in deinem Treatment stichwortartig, welchen Inhalt du später als Sprechertext hinzufügen möchtest.
Kategorie C sind O-Töne, die inhatlich nicht zu deinem Aussagewunsch passen, bei denen sich die Interviewpartner*innen versprochen haben oder unklar ausdrücken. Diese Töne sortierst du gleich aus, damit du dich im weiteren Verlauf nicht mehr damit befassen musst.
Reihenfolge festlegen und Rohschnitt erstellen: Die O-Töne aus Kategorie A bringst du in deinem Treatment in eine dramaturgisch sinnvolle Reihenfolge und platzierst die Stichworte für den Sprechertext dazwischen, so dass ein regelmäßiger Rhythmus zwischen O-Tönen und Sprechertext entsteht.
Anschließend schaust du dir deine Schnittbilder an und schneidest sie nach der 5-Shot-Coverage zu Sequenzen. Welche Sequenz könnte inhatlich zu welchem Sprechertext passen?
Sprechertext formulieren: Du hast jetzt einen Rohschnitt mit O-Tönen und Schnittbildern und kannst mit dem Ausformulieren des Sprechertextes beginnen. Spiele dafür die jeweilige Sequenz ab und formuliere den Text passend zu den Bildern, die du siehst. Wichtig: Beschreibe nicht, was man sieht, sondern das, was man nicht sieht, was du vor Ort erlebt hast, oder was die Szene bedeuten soll.
Kontaktpunkt: Den Rohschnitt und den Entwurf des Sprechertextes solltest du gemeinsam mit einer außenstehenden Person anschauen und besprechen. Stimmt die Dramaturgie? Ist der Inhalt verständlich? Passen Text und Bilder zusammen oder gibt es sogenannte Text-Bild-Scheren, in denen der Text etwas anderes sagt, als das Bild? Anschließend nimmst du den Sprechertext auf und fügst ihn in deinen Rohschnitt ein.
Das Lernziel: Rohschnitt erstellen & Schreiben fürs Hören
In dieser Einheit lernst du, dein Videomaterial für den Rohschnitt zu strukturieren und zu bewerten. Im Tutorial Medien zum Hören erfährst du ab 2:07 Min., wie ein Text fürs Hören formuliert sein muss. Im Video Der Podcast gebe ich ab 4:10 Min. Tipps, wie du Text frei oder mit Manuskript einsprichst. In den weiterführenden Informationen weiter unten habe ich noch mehr Tipps zum Schreiben fürs Hören, Sprachaufnahmen und Moderieren verlinkt.
Das Stimmungsbarometer: 😁
Die Dreharbeiten sind geschafft! 👏 Jetzt kannst du deinen Schatz bearbeiten und die Puzzleteile zusammenfügen, auf die du in den letzten Wochen hingearbeitet hast. Selbst wenn nicht alles perfekt gelaufen sein sollte, hast du im Schnitt noch Spielraum, dein Video anzupassen und zu gestalten. Diese Phase soll Spaß machen. Wenn es anstrengend wird, weil etwas nicht so klappt, wie du es dir vorgestellt hast, hol dir Unterstützung und Feedback.
Weiterführende Informationen
- Stefan Wachtel: Schreiben fürs Hören, Herbert von Halem Verlag
- Die kleine Podcastschule – Unterhaltsame Tipps fürs Sprechen von der Hörfunk-Journalistin Britta Freith
- Moderatorenschule Baden-Württemberg: Tipps für Ihren überzeugenden Auftritt
#72 Sprechtraining: Übungen von Profis
#58 Füll-Laute Ähm, Öhm, vermeiden – klarer sprechen
#48 Die schlimmsten Anfängerfehler von Moderatoren - Ada Rhode: Infografik „Crossmediale Medienproduktion“ (pdf, 4 Seiten)